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Rivista Antonianum
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Foto Fiebac Andreas , Recensione: Oktavian Schmucki OFMCap, Beiträge zur Franziskusforschung, in Antonianum, 84/1 (2009) p. 159-163 .

Mit ein wenig Verspatung wurde Anfang des Jahres in einer kleinen Feierstunde im Kapuzinerkonvent Wesemlin (Luzern) dem langjahrigen Schriftleiter der Collectanea Franciscana und Mitglied des Historischen Instituts der Kapuziner in Rom Oktavian Schmucki eine Festschrift ubergeben, die sein Mitbruder und Amtsnachfolger Leonhard Lehmann und sein Forscherkollege Ulrich Kopf anlasslich des 80. Geburtstages am 7. Januar 2007 zusammengestellt hatten.

Das Buch beeindruckt rein auserlich bereits durch sein – der hohen Grammatur des Papiers geschuldetes – Gewicht: Gut 1,5 kg bringen die 526 Seiten in Hochglanzqualitat auf die Waage und empfehlen sich damit nicht unbedingt als Reiselekture. Anders als der Titel vielleicht zu suggerieren vermag, bringt der Band vordergrundig keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Handelt es sich doch um eine Auswahl von bereits anderswo erschienenen Beitragen zu Themen, die Oktavian Schmucki im Laufe seiner bisherigen Forschertatigkeit oft mehrmals und unter verschiedenen Aspekten behandelt hat. Selbst der letzte – als unveroffentlicht deklarierte – Beitrag zu den Wundmalen des hl. Franziskus stellt letztendlich Endpunkt und Quintessenz einer Reihe vorhergehender Arbeiten zum namlichen Thema dar. Ziel des Bandes ist es – so die Herausgeber im Vorwort – die wichtigsten Aufsatze Schmuckis aus verschiedenen Zeitschriften und Sammelbanden in einem eigenen Band leichter verfugbar zu machen.

Dennoch werden auch erfahrene Franziskusforscher – und vielleicht gerade sie! – das Buch mit Gewinn zur Hand nehmen, und das weniger, weil sie bisher Unbekanntes erfahren, als vielmehr deswegen, weil ihnen hier vertraute Stationen der jungeren Franziskusforschung und die unter Umstanden auch personlich bekannte Gestalt des Verfassers in ihrer ganzen Lie benswurdigkeit wieder neu vor Augen treten: Wiedersehen macht Freude.

Fur diejenigen Leser, die sich nicht zum engeren Kreis der erfahrenen Franziskanologen zahlen, bietet der Sammelband eine Gelegenheit, mit einem literarischen Spaziergang durch ein halbes Jahrhundert franziskanischer Forschung eine ihrer pragenden Personlichkeiten kennenzulernen.

In einer Einfuhrung (IX-XXV) stellt Ulrich Kopf mit einzelnen Verweisen auf die im Band versammelten Arbeiten „Oktavian Schmuckis Beitrag zur Franziskusforschung“ vor und hebt dabei insbesondere sein Profil als historisch-kritischer Forscher hervor. Es folgen sodann in chronologischer Folge 14 Aufsatze, die Oktavian Schmucki zwischen 1960 und 2000 an verschiedenen Orten veroffentlicht hat. Den Reigen eroffnet ein Auszug aus der Dissertationsschrift, der erstmals in den Collectanea Franciscana erschien: „Das Leiden Christi im Leben des hl. Franziskus von Assisi“ (3-99). Mit den Stichworten Christusfrommigkeit, Passion, Leiden und Krankheit sind damit bereits thematische Schwerpunkte vorgegeben, mit denen sich der Jubilar unter verschiedensten Aspekten weiterhin auseinandersetzt. Beispiele dafur sind im vorliegenden Band die unmittelbar folgenden Aufsatze zur „Stellung Christi im Beten des hl. Franzisksu von Assisi“ (101-144) und zum „Geheimnis der Geburt Jesu in der Frommigkeit des hl. Franziskus von Assisi“ (145-167), die Ausfuhrungen zum „Phanomen Krankheit im Leben des hl. Franziskus von Assisi“ (359-375) und schlieslich auch der 15. (bisher unveroffentlichte) Beitrag, in dem sich Schmucki vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Stigmatisation des Heiligen zu den „Wundmalen des hl. Franziskus von Assisi nach den altesten Quellenzeugnissen“ (465-492) ausert. Der nuchterne und geradezu vorsichtige Umgang mit den Quellen, den Ulrich Kopf zu Recht als ein Charakteristikum von Oktavian Schmuck hervorhebt, lasst sich in diesem Sammelband insbesondere an den beiden italienischen Beitragen zu den Rechtstexten („Gli scritti legislative di San Francesco“, 219-236) und zum Brief an den gesamten Orden („La ≪Lettera a tutto l’Ordine≫ di San Francesco“, 237-267) sowie an den Uberlegungen „Zur Uberlieferung der Vogelpredigt des hl. Franziskus von Assisi“ (403-410) studieren, im weiteren Sinne auch in der Befragung der Schriften des Heiligen auf sein mystisches Erleben hin („Zur Mystik des hl. Franziskus von Assisi im Lichte seiner ‚Schriften‘“, 377-402) und im Vergleich der Franziskanerregel mit der nur wenige Jahre alteren Regel des Trinitarierordens („Die Regel des Johannes von Matha und die Regeln des Franziskus von Assisi. Ahnlichkeiten und Eigenheiten“, 439-463). Mit der Fruhzeit der franziskanischen Bewegung befassen sich vor allem die „Schrittweise Entdeckung der evangeliumsgemasen Lebensform durch den heiligen Franziskus von Assisi“ (305-358), die Untersuchung zu den Anfangen des Dritten Ordens („Der franziskanische Busorden im Lichte der biografischen Quellen des 13. Jahrhunderts“, 411-438) und die franzosischsprachige Ausfuhrung zum Stellenwert der Kontemplation in der Anfangszeit der Gemeinschaft (≪Mentis silentium≫. Le programme contemplatif de l‘Ordre franciscain primitif“, 269-303). Einzelnen Aspekten in der Personlichkeit des Franziskus sind schlieslich die beiden Beitrage zum Kirchenverstandnis („Franzisks von Assisi erfahrt Kirche in seiner Bruderschaft“, 169-197) und zum Bildungsstand des Heiligen („‚Ignorans sum et idiota‘. Das Ausmas der schulischen Bildung des hl. Franziskus von Assisi“, 199-218) gewidmet.

Den Band beschliest eine Bibliographie des Jubilars (493-515), die das 1997 in den Collectanea Franciscana erschienene Schriftenverzeichnis auf den Stand von 2007 erweitert. Ein Abkurzungsverzeichnis (517-519) schlusselt die Siglen der Quellen, Zeitschriften und Nachschlagewerke auf, welche die Herausgeber in den Beitragen vereinheitlichen liesen. Dies wie auch die durchgehende Umstellung auf die amtliche deutsche Rechtschreibung von 1998 erleichtert die kontinuierliche Lekture des Bandes. Bei der Verwendung im wissenschaftlichen Umfeld wird man sich jedoch aufgrund der abweichenden Textgestalt nun fur eine der beiden Textfassungen – Originalbeitrag oder „Wiederabdruck“ in dieser Festschrift – entscheiden mussen.

Immerhin wird die Angabe der ursprunglichen Seitenumbruche im Fliestext das Auffinden der jeweiligen Stellen erleichtern. Unpraktischerweise ist der ursprungliche Fundort des Beitrags allerdings nur anhand des Inhaltsverzeichnisses des vorliegenden Bandes zu eruieren; beim Beitrag selbst fehlt jeglicher entsprechender Hinweis.

Etwas Ratlosigkeit hinsichtlich seines Nutzens hinterlasst schlieslich das Register der historischen Personen am Ende des Bandes (521-525). Angesichts der quellengestutzten Arbeitsweise des Jubilars ware neben einem Sachindex vor allem ein Register der verwendeten Quellenschriften wunschenswert gewesen. Wahrend die Scheu vor dem nicht unerheblichen Aufwand eines Sachregisters verstandlich ist, ist der Verzicht auf ein Quellenregister, das im Zuge der erwahnten Vereinheitlichung der Siglen mit geringem zusatzlichen Aufwand hatte erstellt werden konnen, nicht ganz einsehbar.

Insgesamt vermag die Auswahl einen guten Uberblick uber die Forschertatigkeit Oktavian Schmuckis geben, und die thematische Eingrenzung auf Arbeiten uber Franziskus beweist eine weise Beschrankung der Herausgeber.

Zwangslaufig bleiben mit dieser Beschrankung aber auch Facetten eines wissenschaftlichen Profils verborgen. Mancher Vertreter der Fachwelt wird es insbesondere bedauern, dass das Jubilaum nicht zum Anlass genommen wurde, die beiden immer noch unveroffentlichten Untersuchungen zum kritischen Wert der franziskanischen Quellenschriften und zur vorfranziskanischen Christusfrommigkeit, die Oktavian Schmucki als vorbereitende Studien seiner Dissertation erstellt hat, in gedruckter Form zuganglich zu machen. Mogen sie in manchen Teilen auch durch neue Forschungsergebnisse zu erganzen sein, so hatte dies doch den direkten Zugang zu Grundannahmen und Erkenntnissen im Werk Schmuckis ermoglichen konnen, die nunmehr nur mittelbar durch seine zahlreichen Arbeiten zu erfahren sind.

Ein Blick in die Bibliographie offenbart zudem den nicht unbetrachtlichen Anteil Schmuckis an der Neugestaltung des Ordenslebens seiner Gemeinschaft im Gefolge des Konzils. Er selbst bezeichnete einmal seine Benennung als Mitglied der entsprechenden Kommission 1964 als einen der Wendepunkte seines Lebens. Und nur in dieser Gesamtschau wird auch klar, dass viele der Beitrage, die Ulrich Kopf in seiner Einfuhrung etwas summarisch unter dem Oberbegriff Frommigkeitsgeschichte zusammenfasst, durchaus praktisch motiviert sind. Die Frage nach dem historischen Franziskus, die Oktavian Schmucki und andere Forscher seiner Generation insbesondere in der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts bewegt, und – im Fall des Kapuziners – die Auseinandersetzung mit der Fruhzeit der Reform haben ihren Sitz im Leben in der erneuernden Ruckbesinnung, die als kirchlicher Auftrag schlieslich in Perfectae caritatis gebundelt wird. Es durfte ein lohnendes Unterfangen sein, die Fragestellungen, welche die Franziskusforschung in den letzten Dezennien beschaftigt hat, einmal explizit unter dem Blickwinkel dieser „zeitgemasen Erneuerung“ zu betrachten und deren Verbindungslinien herauszuarbeiten. Auch hier wird der Name Oktavian Schmucki unbedingt zu nennen sein.

Auf lateinischsprachige Beitrage wurde nach den Worten der Herausgeber im Vorwort des Bandes „mit Rucksicht auf einen groseren Leserkreis“ verzichtet. Tatsachlich finden sich fur alle Themenkreise, die Schmucki behandelt hat, neben den fruhen lateinischen Arbeiten fast immer auch spatere Beitrage in den modernen Sprachen. Nichtsdestotrotz wird kein Leser ohne altphilologische Grundkenntnisse auskommen, um die zahlreichen Quellenzitate und die historisch-kritischen Uberlegungen des Verfassers nachvollziehen zu konnen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob nicht zumindest zwei der drei fremdsprachigen Beitrage durch eine entsprechende englischsprachige Arbeit, die der Autor zum jeweiligen Thema in der Greyfriars Review – so ist wohl die entsprechende Abkurzung der Bibliographie aufzulosen; im Siglenverzeichnis fehlt sie leider – von 1989 und 1990 verof fentlicht hat, hatten ersetzt werden konnen. Immerhin ist dieses Idiom dem heutigen Publikum in aller Regel vertrauter als die romanischen Sprachen.

Es mag dahingestellt bleiben, ob der Band tatsachlich ein breiteres deutschprachiges Publikum erreicht. Man will ihm jedoch wunschen, dass er gerade in diesen Kreisen Leser findet und die nuchterne Herangehensweise des Jubilars einige allzu abenteuerliche Ideen der popularen Literatur uber den Heiligen aus Assisi gerade ruckt. Dann hatten die Herausgeber ihr Ziel erreicht. Dem Fachpublikum geben sie jedenfalls ein wohltuendes Lesebuch zur Franziskusforschung und einem ihrer bedeutenden Vertreter an die Hand.


 
 
 
 
 
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