> > > Schoch Friday 19 April 2024
 


 
 
 
 
Foto Schoch Nikolaus , Recensione: Adnotationes in iure canonico. Festgabe Franz X. Walter zur Vollendung des 65. Le-bensjahres (hg. von E. Guthoff und K.-H. Selge, Fredersdorf, Rodak Verlag, 1994), in Antonianum, 71/2 (1996) p. 379-381 .

Diese kleine Festschrift zum 65. Geburtstags des Offizials und Domkapitulars der Diözese Berlin Franz X. Walter enthält acht Beiträge, die unter dem sehr all­gemeinen Titel «Adnotationes in iure canonico» zusammengefaßt sind.

Der Artikel von Winfried Schulz stellt den stereotyp ablaufenden Verwal­tungsprozeß dar, der am häufigsten zu Rekursen an die Kleruskongregation und schließlich die Apostolische Signatur führt. Diese Prozesse werden manchmal un­genau und fehlerhaft geführt. Zudem werden wird die Pfarrbevölkerung vom zu versetzenden Pfarrer mobilisiert, sodaß die erhitzten Gemüter mit Unterschriften­sammlungen, Zeitungsartikeln etc. ihren Protest äußern (15) . Nach dieser Einfüh­rung zählt Schulz sechs Arten des Amtsverlustes auf, die vom freiwilligen Verzicht bis zum Amtsentzug aufgrund einer Straftat reichen (16-20).

Detailliert wird das in den cann. 1741-1747 enthaltene Verfahren zur Amtsenthebung geschildert, wobei der Autor anhand praktischer Tips seine Erfahrung mit Verfahren dieser Art zeigt und Wert darauf legt, daß die Amtsenthebung kei­neswegs auf einer persönlichen Schuld des Pfarrers beruhen muß. Für Amtsen­thebungen aufgrund Schädlichkeit oder Wirkungslosigkeit des Dienstes (can. 1741) empfiehlt der Autor die Ernennung von mehr als zwei Priesterratskonsul-toren, um einer eventuellen Verhinderung vorzubeugen (22). Um der besseren Beweisbarkeit willen soll der Bischof die Absetzungsgründe schriftlich dem Pfar­rer mitteilen. Es besteht auch die Möglichkeit, daß der Pfarrer Bedingungen für den Amtsverzicht stellt, die jedoch der Annahme von Seiten des Bischofs bedür­fen (23). Die Amtsenthebung erfolgt durch ein Dekret, welches wenigstens sum­marisch die Gründe enthalten und dem Pfarrer mitgeteilt werden muß (26). In bezug auf das Verfahren zur Versetzung eines Pfarrers (cann. 1748-1752) scheint die Bemerkung, daß es dazu eines schwerwiegenden Grundes bedarf (can. 190 § 2), wichtig (cf. 28). Schuldhaftes Verhalten liegt notwendigerweise dem strafwei­sen Amtsentzug (cf. can. 196) zugrunde, der in einem förmlichen Strafverfahren verhängt wird. Bei Eintritt bestimmter Strafen erfolgt die Absetzung auch von Rechts wegen (can. 194).

Karl-Heinz Selge stellt in seinem Beitrag «Der kirchliche Richter als Seelsor­ger im ordentlichen Ehenichtigkeitsverfahren erster Instanz» fest, daß der kirchli­che Richter kein seelsorgliches Amt im juristischen Sinne innehat. In der Praxis je­doch handelt es sich jedoch um ein multifunktionales seelsorgliches Amt, da der Richter bei der persönlichen Beratung, Aufklärung und beim individuellen Zu­spruch immer auch als Seelsorger gefordert ist (41).

Theodor Schmitz präsentiert «Kardinal Bengsch und die Königssteiner Er­klärung» (42 ff.). Dabei stützt er sich auf bisher unveröffentlichtes Material aus dem Bistumsarchiv, welches mehr von moraltheologischer als kanonistischer Be­deutung ist.

Elmar Güthoff analysiert und vergleicht unter dem Titel «Der Gerichtsvikar als Stellvertreter des Bischofs bei der Ausübung der richterlichen Gewalt in den Kodifikationen des kanonischen Rechts» (64 ff.) in knappen Worten die Beschrei­bung dieses Amtes in den Codices des kanonischen Rechts von 1917 und von 1983 sowie im «Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium» von 1991.

Der einzige rechtshistorische Beitrag stammt von Friederike Schirmer und be­schäftigt sich mit der Darstellung des Naturrechts im «Decretum Gratiani» (73 ff.), während sich Ulrich Rothacker dem Gehorsam aus der Profeß der Ordensleute zu­wendet (81 ff.) und dabei vor allem auf die Benediktregel und den Theologen Tho­mas von Aquin bezug nimmt. Im besonderen beschäftigt er sich mit den Adressaten des Gehorsams: Obere, Diözesanbischof, Papst.   

Die seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil verstärkte Berücksichtigung des Rechts der orthodoxen Kirchen wird von Josef Prader unter dem Titel «Die Beur­teilung der Formgültigkeit der Ehen nicht-katholischer Christen eines orientali­schen Ritus» (97 ff.) behandelt. Die Urteile der Rota Romana und der Apostoli­schen Signatur setzen seit ungefähr 1970 die nach orthodoxem Recht vorgeschrie­bene Form für die Gültigkeit rein orthodoxer Ehen voraus. Lediglich der Vorbehalt der Noteheschließung vor zwei Zeugen bei Unmöglichkeit, einen Priester zu errei­chen, bleibt aus katholischer Sicht aufrecht, um das Grundrecht aller Menschen auf Eheschließung zu garantieren (100). Das bedeutet jedoch, daß die Zivilehe, die in manchen Ländern nur vor dem Standesbeamten ohne Zeugen geschlossen wird, auch im Notfall zur Gültigkeit nicht ausreicht (102).

Aufgrund der hervorstechenden Qualität widmete die vorliegende Rezension dem ersten und dem letzten Beitrag der Festschrift einen breiteren Raum, obwohl auch die übrigen Beiträge durchaus wissenschaftliche Qualität aufweisen. Insge­samt handelt es sich, wie häufig bei Festschriften, um eine zwar buntgemischte, aber für den Kanonisten dennoch nützliche Beitragssammlung.

 

 


 


 
 
 
 
 
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