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Rivista Antonianum
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Foto Zahner Paul , Recensione: MARIANO DELGADO / GOTTHARD FUCHS (Hgg.), Die Kirchenkritik der Mystiker. Prophetie aus Gotteserfahrung, Band II: Frühe Neuzeit. Unter Mitarbeit von DAVID NEUHOLD (Studien zur christlichen Religions- und Kulturge-schichte 3), Academic Press Fri, in Antonianum, 82/2 (2007) p. 394-395 .

Der zweite Tagungsband zum Forschungsprojekt „Die Kirchenkritik der Mystiker – Prophetie aus Gotteserfahrung“ setzt sich mit Mystikern/-innen aus der frühen Neuzeit auseinander. Mystische und kirchenkritische Akzente vieler Autoren dieser Zeit werden oftmals von Spezialisten dieser Schriftsteller genannt und ausgefaltet und in den Themenbereich der Kirchenkritik der Mystiker hineingestellt.

R. van Dijk (9-38) stellt die Devotio moderna als eine spirituelle Strömung zwischen Spätmittelalter und Neuzeit dar. Von einem Teil der Spiritualität dieser Zeit wurde in der Devotio moderna die Drittordensregel des hl. Franziskus aufgenommen und von Terziaren und Tertiarissen entfaltet (14). Neben Einflüssen der brabantischen und der rheinländischen Mystik wurden besonders Ludolf von Sachsen und Bonaventura aufgenommen. Die Autoren entfalteten in ihrer Sichtweise ein mystisches Verständnis von Kirche. Nikolaus von Kues (von K. Reinhardt / H. Schwaetzer: 39-57) lebte stark im Spannungsfeld zwischen kirchenpolitischer Aktivität und kontemplativem Leben und erlebte so in seinen Reformvorschlägen, die auf eine „Christiformitas“ mit Jesus hinzielte, oftmals die Spannung zwischen Mystik und Kirchenkritik sehr konkret und belastend. Seine Impulse hatten in seinem kirchlichen Einsatz als Kardinal einen grossen Einfluss auf die Kirche. Der Schweizer Einsiedler Bruder Klaus von Flüe (von Simon Peng-Keller: 59-78) zeigt in der Ausdeutung seiner prophetischen Brunnenvision die für den Menschen anstehende Spannung zwischen Geld und Gottunmittelbarkeit. Bruder Klaus wandte sich mit 50 Jahren von seinem erfolgreichen Leben als Bauer, Politiker und Militär ab, um sich in der Einsamkeit ganz Gott zu widmen. So kennt und kritisiert Bruder Klaus vorsichtig den ortskirchlich oft unvorsichtigen Umgang mit Geld angesichts seiner mystischen Erlebnisse einer tiefen Gottunmittelbarkeit und wird so als Eremit zu einem besonderen Friedensstifter für die Eidgenossenschaft. Der als Prophet hervorgehobene Savonarola (von V. Reinhardt: 79-97) lebte in einer Zeit vieler Endzeitpropheten, die das Ende der Welt ankündigten. Er selber versuchte in seiner prophetischen Sichtweise Gottes Nachricht in seine Zeit hinein als kritische Botschaft zu vermitteln.

Im folgenden vermittelt der zweite Band der Kirchenkritik der Mystiker auch die kritische Kraft von Autoren aus der Reformationszeit. Martin Luther (von O. Bayer: 99-115) steht in der Spannung zwischen seiner Kritik an der römischen Amtskirche und der Förderung des modernen Kollegialimus, in dem sich einzelne Gläubige sekundär zu einer Religionsgemeinschaft zusammenschliessen. Mit seiner auf Joh. Tauler bezogenen Rede von einer vita passiva sprengte er denn auch das klassische Zweierschema von vita contemplativa und vita activa und betont, dass der Glaube ganz und gar Gottes Werk ist. Diese mystische Sicht faltet er vor allem in seiner Auslegung des Buches Hosea aus. Andreas Karlstadt (von V. Leppin: 117-129) kritisiert Luthers Vorgehen als Verfassen „Wittenbergischer Bullen“  und trennt so das Bündnis mit Luther, das er anfangs eingegangen ist. Interessanterweise verweist auch Karlstadt gerne auf die mystischen Ideen von Tauler. Noch schärfer wurde die Kritik an Luther bei Thomas Müntzer (von U. Gause: 131-148), der entschieden das Wort Gottes in die Tiefe seiner mystischen Sicht stellte. Auch er steht Taulers Sichtweise sehr nahe. Jean Calvin schliesslich (von C.-A. Keller: 149-162) erkennt seine Beziehung zu Christus ganz als unio mystica. Gotteserkenntis hat zu einer Umformung des Menschen zu führen.

Einen bedeutenden Einfluss auf die katholische Kirche nach der beginnenden Reformationszeit hatte der Gründer des Jesuitenordens Ignatius von Loyola (von P. Knauer: 163-181). Er stand in einem sehr fruchtbaren Gespräch mit der Kirche, aber auch in Konflikten mit ihr (Verfolgung durch die Inquisition, Konflikt um Päpste). Die beiden Mystiker Theresa von Avila und Johannes vom Kreuz (von M. Delgado: 183-206) waren sehr wichtige Erneuerer der spanischen Mystik in einer Zeit vieler Angefochtenheit. Die Christozentrik ihrer Mystik, aber auch ihre Kritik der geistlichen Oberflächlichkeit vieler Diener der Kirche und inkompetenter Beichtväter gehören zum Kern ihrer Mystik und Kirchenkritik. Die reformatorische Mystik Jakob Böhmes, eines lutherischen Laienchristens (von F. van Ingen: 207-220) und das in Bildern dargestellte kirchliche Martyrium der Mary Ward (von B. Hallensleben: 221-239) blicken auf die nachreformatorische Suche nach aktueller Spiritualität und ihrer kirchenpolitischen Begleiterscheinungen. Der rheinische Mystiker Friedrich Spee (von M. Sievernich: 241-262) formuliert seine Sichtweise in vielen Gedichten und Liedern, die bis heute gesungen werden. Franz von Sales (von F. Wehrl: 261-284), der gerne auf den hl. Franz von Assisi blickte und an ihm Vorbild nahm, erörtert in vielen für die Gebetspraxis wertvollen Schriften, seine mystische Sicht. Diese findet in seiner Arbeit als Bischof eine besonders kirchenkritische Kraft. In eigener Sprache entwickeln Blaise Pascal (von A. Raffelt: 285-306), in seinem Ringen um Bekehrung und Wahrheit, und Sor Juana Inés de la Cruz, in ihrer mystischen Sprache, die eine philosophisch-theologische Form der Mystik ist (von H. Wustmans: 307-324), ihre spirituelle Sicht. Noch stärker tut dies Gerhard Tersteegen (von U. Gause: 325-341), der oftmals in seiner Kirche separatistische Tendenzen vertrat, weil ihm diese Kirche nicht rein genug war. Darum gründete Tersteegen eine eigene evangelische Kommunität, für die er selber eine Hausregel entwarf. Neben der breiten Mystik der lutherischen Kirche des 17. Jahrhunderts (von J. Wallmann: 343-366), unter denen Johann Arndt, Joachim Lütkemann und Philipp Jakob Spener hervortreten, entwickelte auch Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, der Begründer der Herrnhuter Brüdergemeinde (von P. Zimmerling: 367-388), eine tiefe Christusmystik. Er betont, dass Gott ein naher Gott sei und kritisiert unter anderem auch den Ausschluss der Frauen von öffentlichen Ämtern.

Dieser zweite Band der Reihe „Kirchenkritik der Mystiker“ entfaltet – in Stil und Aufbau dem ersten Band sehr ähnlich - auf sehr interessante Art die Kirchenkritik der frühen Neuzeit. Einige der gewählten Autoren scheinen zwar etwas zufällig in die Reihe der Mystiker hineingekommen zu sein und bilden nicht in jedem Fall eine Sammlung von Kernautoren christlicher Mystik, dafür ist die Sichtweise der Mystik sehr breit und umfassend in verschiedenen religiösen Milieus ansetzend und entfaltet vor allem katholische und reformierte Ansätze. In allen Aufsätzen finden sich immer auch die aktuellen Quellenverweise zu den einzelnen Autoren, was das Buch zu einem wertvollen Nachschlagewerk (mit Bibelstellen- und Personenregister) macht.


 
 
 
 
 
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